Nach einem 9-tägigen Aufenthalt in Arica hiess es endgültig „Adios Chile - Bienvenidos Peru“ . Zum Glück erhielten wir einen Tag vor unserer Abfahrt noch eine Mail von Reisefreunden, die uns darauf aufmerksam machten, dass wir die Formulare für den Grenzübertritt nach Peru selber in einem Schreibwarenladen kaufen müssen. Natürlich gabs die nicht einzeln – nein, wir mussten gleich einen ganzen Block kaufen – ja nu – am Zoll wurden wir dann auch gleich 4 auf einmal los. Ansonsten verlief die Einreise nach Peru sehr gut und sehr professionell und mit dem Zoll hatten wir entgegen anderer Erzählungen auch keine Probleme. Nach 1 Übernachtung im grenznahen Tacna ging es auf der Panamericana in Richtung Arequipa. Doch wo ist bloss die Panamericana? Nichts, nirgends haben wir ein Schild gefunden. Auf Nachfragen bekamen wir verschiedene Antworten, sodass wir die ersten 100 km gar nicht wussten, ob wir jetzt auf der richtigen Strasse sind. Da endlich – zum ersten Mal haben wir uns über eine Polizeikontrolle gefreut. Während Roman mit der Strassenkarte zu den herumstehenden Polizisten ging und sie fragte, sass ich beim Chef und liess unsere Papiere überprüfen. Natürlich fragte ich ihn auch, auf welcher Strasse wir denn sind. Als wir weiterfuhren und uns austauschten, stellten wir fest, dass Romans Polizisten uns eine andere Auskunft gegeben hatten, als mein Beamter. Ja super, wissen die eigentlich, wo sie ihre Kontrollstelle haben? Irgendwann kam dann doch mal ein Schild und wir waren sehr erfreut, dass wir in die richtige Richtung fuhren.
Nach ca. 400 km erreichten wir Arequipa. Auf einem ausgedruckten Stadtplan mit Anfahrtsweg zu unserer Übernachtungsmöglichkeit sah alles sehr einfach aus. Aber schon nach den ersten 10 Minuten hatten wir uns heillos verfahren. Und dazu kam der Fahrstil der Peruaner, die meinen, alles übers Hupen regeln zu können. Gut, nachdem wir alleine nicht weiterkamen, half nur noch ein Taxi als Lotse, was dann auch prima geklappt hat.
Für 2 Nächte übernachteten wir im eingezäunten Garten eines Hostals – sogar mit eigenem Nachtwächter direkt vor unserem Auto. Allerdings hat er sichs so gemütlich gemacht – 2 Stühle, Isomatte, Schlafsack und Fernseher – dass er vermutlich früher eingeschlafen ist wie wir.
Beim Stadtrundgang am nächsten Tag wurden wir von dieser schönen, sauberen Stadt echt positiv überrascht. Sie liegt in traumhafter Lage vor Vulkanen und bezaubert mit ihren vielen Kolonialbauten – UND : es gab extrem gute Wurst. Gott, wie haben wir die ersten richtig guten belegten Brötchen seit Reisebeginn genossen – ein Traum!
Nach 2 Tagen Arequipa gings weiter in Richtung Colca Canyon, der tiefer ist wie der Grand Canyon und wo man die am Morgen mit der Thermik auftreibenden Anden-Kondore beobachten kann – die grössten Vögel der Welt. Die Fahrt dorthin ging über einen 4910 Meter hohen Pass – auf dieser Höhe geht einem dann wirklich langsam die Puste aus und wir haben zur Vorbeugung gegen die Höhenkrankheit innert 4 Stunden nicht nur 10 Liter Wasser getrunken, sondern auch zum ersten Mal Coca-Tee probiert. Als wir im Vorort des Colca-Canyons in Chivay ankamen, trafen wir zufällig auf unsere Münchner Reisefreunde Susi, Alex und ihren süssen Jakob.
Natürlich gabs wieder viel zu berichten, weswegen wir uns entschlossen, uns im Restaurant ein gutes Abendessen zu gönnen. Die Männer wollten zum ersten Mal „Cuy“ = Meerschweinchen probieren. Als wir bestellten meinte der Wirt, dass es ein bisschen länger dauern würde, er hätte keine auf Vorrat. Kurz drauf kam er dann mit einer Plastiktüte zur Tür rein und es liess sich nur erahnen, was er da schnell besorgt hat. Gut Ding will Weile haben – nach 45 Minuten erschien dann das frittierte Meerschweinchen – schön angerichtet auf dem Teller – inklusive Kopf, Krallen, Innereien und ein paar Haaren, die sie vergessen hatten zu rupfen. Ja dann – guten Appetit! Dem kleinen Jakob hat das „Hähnchen“ am besten geschmeckt und er konnte gar nicht genug davon kriegen. Roman und Alex fanden es zwar sehr lecker – standen aber nahezu hungrig vom Tisch auf.
Am Morgen ging es sehr früh zum Colca-Canyon, wo die Kondore gemäss Flugplan um 9 Uhr starten sollen. Es war wirklich sehr beeindruckend, wie sie sich majestätisch ohne einen Flügelschlag von der warmen Luft nach oben tragen liessen und aus lauter Neugier wenige Meter über unseren Köpfen vorbeigesegelt sind.
Nach weiteren 400 km passiert das, was wir befürchtet hatten… Schon seit dieser furchtbar schlechten Strasse zum Colca Canyon hatten wir wieder so ein Geräusch beim Fahren, das wir zunächst zu ignorieren versuchten. An das Quietschen unserer Bremsen haben wir uns inzwischen gewöhnt, aber dieses Geräusch…Und dann war es auf einmal mit Fahren vorbei – dasselbe Problem wieder - Getriebeschaden - , was sie uns zuvor ja in Arica erst repariert hatten. Zum Glück haben wir wieder mal Glück im Unglück und rollten gerade noch an eine „Nissan Fachwerkstatt“ – mit vereinten Kräften wurde unser Fahrzeug in den Werkstatthof geschoben – ohne Dach, ohne Strom und ohne Wasser….Heie, noch nicht mal Werkzeug kann man irgendwo erblicken – wie wollen denn die unser Getriebe reparieren? Auch sonst haben sie das Arbeiten nicht erfunden – 5 Minuten werkeln, 10 Minuten Pause…
Und so warten wir nach mittlerweile 1 Woche noch immer auf unser Ersatzteil aus Lima. Da wir unser Camp hier mitten im Werkstatthof aufgeschlagen haben, und die Werkstatt Anlaufstelle für viele Dorfbewohner ist, kennt uns inzwischen das ganze Dorf, die Familie und Freunde des Mechanikers kümmern sich um uns und wir haben das Gefühl, dass sie extra langsam arbeiten, damit wir sie nicht so schnell verlassen. Wir dachten, wir bereiten ihnen nach Feierabend mit ein paar Flaschen Bier eine Freude – super, am nächsten Tag erschien die Hälfte nicht zur Arbeit und blieb mit einem Kater einfach den ganzen Tag zu Hause. Unser Getriebe liegt mit anderen Teilen quer verstreut über den ganzen Werkstatthof und wir machen uns echt langsam Sorgen, dass sie das Getriebe vielleicht nicht mehr richtig zusammenbekommen oder ein paar Teilchen vergessen. Das grösste Problem ist das fehlende Wasser. Während unser einen Übernachtung im Hotel haben wir mehrere 5-Liter-Kanister in unserem Koffer herausgeschmuggelt, weil wir sonst nicht anders zu Wasser gekommen wären. Heute durften wir unsere peruanischen Freunde zu ihrem Fischerboot begleiten. Sie hatten ebenfalls ihren Schiffsmotor in der Werkstatt und bauten ihn heute wieder in ihr „Fischerboot“ ein. Mit so einer Nussschale wollen wir lieber nicht aufs Meer raus – und schon gar keine 10 Tage am Stück…Die armen Kerle holen jeden Tag mit ihren blossen Händen 20 km Seil mit Netz ein – über den Zustand ihrer Hände waren wir ziemlich erschüttert. Andere Peruaner die wir kennengelernt haben, sehen ihre Familie gerade mal 5 Tage im Monat und das für einen lächerlich geringen Lohn. Wir setzen all unsere Hoffnung auf den morgigen Montag, dass wir doch mal wieder weiterreisen können. Auch wenn wir ohne diesen Langzeitaufenthalt niemals die Gelegenheit gehabt hätten, so intensiv das Leben einer peruanischen Familie kennenzulernen, sind wir froh, wenn wir nicht mehr mitten im Werkstatthof leben müssen….