Unsere ersten beiden Tage in Bolivien verbrachten wir in Copacabana, wo gerade ein Festwochenende zur Ahnenverehrung statffand. Sinn und Zweck von dem Fest war es offenbar, sich möglichst schnell zu betrinken. Selbst die in Tracht gekleideten Frauen älteren Alters standen im Kreis zusammen und kippten eine Flasche Bier nach der anderen. Bei unserer Runde durch den Ort um 1800 Uhr war quasi schon das ganze Dorf besoffen…

Am nächsten Tag machten wir einen Ausflug zur Isla del Sol, inmitten des Titicacasees, wo man eine gemütliche Wanderung machen konnte – wir haben es lieber ruhig genommen…

 

 

 

Als wir bereits unseren Guschti für die Weiterfahrt fertig gemacht hatten, traf ein französisches Ehepaar ein, die uns von der Strassenblockade von Copacabana in Richtung La Paz berichteten. Sie hätten einen Alptraum hinter sich und wurden nur deshalb nicht mit Steinen beworfen, weil sie eine einheimische Tramperin dabei hatten, die sich mit den Demonstrierenden verständigen und sie besänftigen konnte. Über einen 3-stünden Umweg mit Flussdurchquerungen wurden sie um die Blockade herumgelotst. Natürlich waren wir total entsetzt, weil wir zwar immer davon gehört hatten, aber nie gedacht haben, dass es uns treffen könnte. Da es von Copacabana in Richtung La Paz nur diese eine Strasse gibt, wagten wir uns trotzdem in Richtung La Paz. Auf einem selbstzusammengehämmerten Holzboot wurden wir zunächst über die 800-Meter breite „Meerenge“ des Titicacasees gebracht. Von da an fragten wir in mehreren Dörfern, wie es mit der Strassenblockade aussieht – und wie immer – wenn man viele fragt, erzählt einem jeder was anderes. Als wir dann plötzlich vor einem riesigen Steinhaufen standen, waren wir froh, dass die Blockade mittlerweile offenbar beendet war. Überall waren noch die Feuerstellen zu sehen und mehrere Steinhaufen waren zur Mitte hin geschoben, sodass man rechts und links vorbeikam.

Mit dem "Vorort" von La Paz und dem höchstgelegenen Flughafen der Welt „El Alto“ begann das echte Chaos. Wie so oft, war auch hier quasi nichts beschildert. Irgendwie schlugen wir uns bis zur Stadtautobahn durch und waren heilfroh, diese so schnell gefunden zu haben. Jetzt nur noch geradeaus und gleich sind wir beim Hotel Oberland, wo wir uns für ein paar Nächte einquartieren wollten. – Das wäre ja zu einfach - gerade noch an der Mautstelle abkassiert worden, kamen uns plötzlich etliche Autos auf unserer Fahrbahn entgegen und die Fahrzeuge, die in dieselbe Richtung fuhren wie wir, wechselten auf die entgegengesetzte Fahrbahn. Wir haben nichts kapiert – sind also einfach den Einheimischen hinterher gefahren. Irgendwann haben wir uns dann doch dazu entschieden mal zu fragen, was hier eigentlich abgeht. Als Antwort hörten wir schon mehrere Knaller in der Nähe und man sagte uns, dass die Stadtautobahn blockiert werde. Ja super – also standen wir plötzlich mitten im grössten Chaos mitten in der Stadt, ohne Stadtplan und ohne Ahnung, wie wir das umfahren können. Uns blieb also nichts anderes übrig, als zu wenden und wieder auf demselben Weg die Stadt zu verlassen. Zurück am Flughafen krallten wir uns den nächstbesten Taxifahrer und liessen ihn als Lotsen zum Hotel vorausfahren.  Strassenblockaden sind in Bolivien ein beliebtes Druckmittel, um etwas bei der Regierung zu erreichen. Bei der von uns erwähnten Blockade wollten die Lehrer eine Gehaltserhöhung von 50 Prozent….

Am Abend genossen wir im Hotel eines Schweizers ein leckeres Cordon Bleu und am Tag drauf Rösti. Es war echt unglaublich lecker, nach so langer Zeit wieder etwas Heimisches zu essen.

Beim Besuch von La Paz hatten wir gemischte Gefühle, immer wieder wurden Touristen mit Hilfe von Taxifahrern ausgeraubt – aber wir haben uns während unserer ganzen Reise in Bolivien nie bedroht oder unsicher gefühlt. Die Lage von La Paz ist einmalig – mit einem Höhenunterschied von 1000 Metern innerhalb der Stadt liegt es  in einem Talkessel mit wunderschöner Landschaft aus verschiedenen Steinformationen aussen herum. Zu gerne hätten wir uns die Gefängnisstadt San Pedro mitten im Zentrum angesehen, aber der „Eintritt“ von ca. 80 CHF und der Unsicherheit ob sie uns denn dann auch wieder rauslassen, hat uns davon abgehalten.

 

 

Nach La Paz führte uns der Reiseweg nach Potosi, einer Stadt direkt an einem Minenberg, der durchlöchert ist weil jeder einfach vor sich hingraben kann und er deswegen vielleicht irgendwann zusammenbricht. Eine Führung durch die Stollen in bis zu 500 Metern Tiefe haben wir uns erspart. Wir haben in La Paz einen österreichischen Notarzt auf Reisen getroffen, der diese Führung gemacht hat und während dieser nicht sicher war, ob er das überlebt.

 

Auf dem Weg nach Potosi konnten wir das erste und einzige Mal Bekanntschaft mit einem „trinkgeldfreudigen“ Polizisten machen. Da Roman 11 km/h zu schnell fuhr (gemäss bolivianischer Radarpistole) hatten wir die Wahl zwischen der „echten“ Busse von ca. 30 CHF, zu deren Bezahlung wir allerdings nach La Paz zurückgemusst hätten oder einem „Trinkgeld“, das wir noch von 15 auf 7.50 CHF herunterhandeln konnten. Der Polizist hatte das Geld kaum in der Hand, da war es auch schon in seiner Hosentasche verschwunden. Eine Quittung bekamen wir selbstverständlich nicht.

 

Nach Potosi sind wir nach Uyuni gefahren und haben dort den grössten Salzsee der Welt besucht. Er liegt auf einer Höhe von ca. 3600 Metern und hat eine Ausdehnung von 140 x 160 km. Wir sind quer drübergezischt, haben die Isla Incahuasi mit bis zu 12 Meter hohen und bis zu 1200 Jahre alte Kakteen besucht und die Nacht in aller Einsamkeit und Kälte mitten auf dem Salzsee verbracht. Da uns alle von der sogenannten „Lagunenstrasse“ vorgeschwärmt haben, entschlossen wir uns, dass wir diese von Uyuni in Richtung Grenze Bolivien/Chile fahren. Die Strasse hat die Bezeichnung „Strasse“ nicht verdient. Es war so schlecht – wirklich so schlecht, dass wir 400 km im Schritttempo zurückgelegt haben. In 4 Tagen mit je 10 Stunden Autofahrt hatten wir sie bewältigt. Über Salzsee, durch Salzsee, durch Schlamm, durch Sand, übelste Wellblechpiste, Schneefelder, über Stock und Stein – ähnlich einem ausgetrockneten Flussbett mit riessigen spitzen Steinen und das noch mit einem Steigungsgrad von gefühlten 50 Grad.  Es war katastrophal – ABER: die Landschaft war traumhaft, mit das Schönste was wir auf unserer Reise gesehen haben. Umgeben von Vulkanen bewegten wir uns auf mindestens 4000 Metern – unser höchster befahrener Punkt, die bolivianische Zollstation, lag auf 5030 Metern – verschiedenfarbig schimmernde Salzlagunen mit Andenflamingos, unterschiedlich farbige Berge, ….und es war kalt – bitterkalt. Nachts waren es -20 Grad – ein ganz besonderes Campinggefühl, wenn sogar innen Eis an den Wänden klebt und die Nasenspitze noch das einzige ist, was aus dem Schlafsack schaut. Leider hatten wir mit dem Wetter nicht sehr viel Glück und konnten die einzigartige Farbpalette nicht so sehen.

 

Genauer gesagt mussten wir vor dem aufziehenden Schneesturm flüchten und wollten nach dem Ende der Lagunenstrasse und der Ausreise aus Bolivien über den Jamapass nach Argentinien weiterreisen. Nach mittlerweile 600 km ohne Tankstelle waren wir natürlich sehr knapp an Benzin – und wie soll es anders sein – nach etwa 30 km in Richtung Argentinien (in Richtung Tankstelle) wurde der Schneesturm so stark, dass uns die entgegenkommenden Autos gewarnt haben, wir könnten nicht weiterfahren, der Pass sei geschlossen und es wäre zu gefährlich. Obwohl wir natürlich wussten, dass für die Umkehr auf die andere Seite der Anden nach Chile unser Benzin nie reicht, schlossen wir uns dem Konvoi an. Roman stieg zwischendurch zu ihnen ins Fahrzeug, um mit einem Ersatzkanister wieder zurückzukommen, während ich langsam vor mich hintuckernd ebenfalls in Richtung San Pedro de Atacama/Chile weiterfuhr. Nun sitzen wir ungewollt noch einmal mitten in der Atacama-Wüste und warten wie viele andere Busse und Lastwägen auf die Öffnung des Passes.  Es ist echt verrückt – hier sitzen wir bei Sonnenschein mitten in der Wüste und können die Bergkette vor uns sehen, über der noch immer die dunklen Wolken hängen und es vermutlich immer noch schneit…

 

Nach 3 Tagen Ausharren wurde heute (18.05.) der Jama-Pass von Chile in Richtung Argentinien freigegeben. Natürlich nur unter äusserst strengen Sicherheitsvorkehrungen durften wir ihn passieren: um 0900 Uhr wurde ein Konvoi aus Lastwagen, Bussen, Autos und Guschti gebildet. Anschliessend mussten wir die 160 km bis zur argentinischen Grenzabfertigung hinter einem Schneepflug zurücklegen. Unfassbar: ganze 50 Meter waren mit ungefähr 1 cm Eis bedeckt!!! Immer und immer wieder haben wir uns gefragt, wann jetzt endlich die meterhohen Schneewände kommen - aber nix, - da kam nix! Wir sind fast ausgeflippt, dass wir deswegen 3 Tage verloren haben und nun im Konvoi über den Pass geschleppt wurden...Da unser Guschti ja nun nicht der schnellste ist, wurden wir von dem ganzen Konvoi überholt. Aber da Roman ja inzwischen deutsche (leicht negative) Alüren angenommen hat, hat er unseren Guschti an der argentinischen Zollabfertigung mit der Ausrede, dass unser Flug übermorgen ab Buenos Aires geht, mindestens 50 Fahrzeuge nach vorn gedrängelt....

Nun sind wir wieder in unserem Ausgangsland Argentinien angekommen und freuen uns schon auf das Treffen mit unserer argentinischen Familie, die extra 3000 km aus dem südlichen Ushuaia nach Mendoza anreist...